Endlich klargestellt: Überwälzung von Betriebskosten auf den Mieter in Formularmietverträgen ist zulässig
Endlich klargestellt: Überwälzung von Betriebskosten auf den Mieter in Formularmietverträgen ist zulässig
Ausgangspunkt
Die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte hatte die Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder der Wirtschaftskammer Wien, die einen Mustermietvertrag für Wohnungen außerhalb des Vollanwendungsbereichs des Mietrechtsgesetzes (sog. „Teilanwendungsbereich“, also im Wesentlichen im freifinanzierten Neubau) empfohlen hatte, auf Unterlassung einer Reihe von Klauseln in diesem Mustervertrag geklagt. Das Verfahren ging über drei Instanzen, die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes liegt nun vor (6Ob162/24b).
Dürfen Betriebskosten dem Mieter auferlegt werden?
Hervorzuheben ist die Entscheidung im Besonderen hinsichtlich der Frage, ob und in welchem Umfang dem Mieter die Tragung von Betriebskosten in sog. Vertragsformblättern (hier: Formularmietverträge) auferlegt werden kann. Die Entscheidung des OGH erging daher in einem sogenannten Verbandsverfahren, in welchem Vertragsklauseln im kundenfeindlichsten Sinn auszulegen sind, also im für den Verbraucher nachteiligsten Sinne.
Keine sachliche Rechtfertigung für die Überwälzung von Betriebskosten?
Die Entscheidung war deshalb mit Spannung erwartet worden, weil das Gericht zweiter Instanz eine Reihe von Klauseln, mit welchen dem Mieter die Tragung von Betriebskosten auferlegt worden war, als unzulässig erklärt hatte, da sie im Vorhinein betraglich nicht festgelegt, vom Verbrauch des Mieters unabhängig und auch seiner Einflussnahme entzogen wären. Für eine vertragliche Abweichung von der gesetzlichen Grundregel des § 1099 ABGB, wonach der Vermieter auch die Betriebskosten zu tragen hätte, sah das Gericht zweiter Instanz daher keine sachliche Rechtfertigung.
Der OGH erteilte dieser Ansicht aber nun eine Absage.
Welche Kosten waren betroffen?
Konkret ging es um Klauseln, aufgrund welcher der Mieter angemessene Kosten für Versicherungen, die angemessenen Aufwendungen für die Hausbetreuung und für die Verwaltung des Mietgegenstandes sowie die laufenden öffentlichen Abgaben zu tragen gehabt hätte.
Der OGH hatte schon einmal für einen Teilbereich der Betriebskosten, nämlich die Grundsteuer, erkannt, dass deren Überwälzung auf den Mieter zulässig sei (9Ob4/23p).
Mit der nunmehrigen Entscheidung ging der OGH einige Schritte weiter und erkannte, dass auch die Überwälzung angemessener Kosten für Versicherungen, für angemessene Aufwendungen für die Hausbetreuung sowie für die Verwaltung des Mietgegenstandes und für laufende öffentliche Abgaben auf den Mieter unter gewissen Voraussetzungen zulässig ist.
Im Wesentlichen argumentierte der OGH, dass die Formulierungen, die im Mustervertrag für die vorgenannte Kostenüberwälzung verwendet worden waren, auf ein vom Gesetzgeber genehmigtes Regelungsmodell zurückgreifen würden, nämlich das Mietrechtsgesetz, das etwa für die vom Mieter zu tragenden Betriebskosten auch keine im Vorhinein festgesetzte Beträge (etwa eine Prämienhöhe einer Versicherung) anführt und daher zulässig sind. Als unzulässig hingegen sah der OGH die Überwälzung der vom Mieter anteilig zu tragenden Aufwendungen für Gemeinschafts- und Grünanlagen an, da im gegenständlichen Formularvertrag die grundlegende Struktur des § 24 MRG nicht nachvollziehbar abgebildet wurde.
Fazit:
Zusammengefasst ist der Entscheidung des OGH zu entnehmen, dass Klauseln in einem Formularmietvertrag, mit welchen dem Mieter die Tragung der Betriebskosten, der Auslagen für die Verwaltung, der Aufwendungen für die Hausbetreuung und ein Anteil an besonderen Aufwendungen auferlegt werden, zulässig sind, sofern diese Klauseln inhaltlich den Regelungen der §§ 21-24 MRG folgen. Diese, im Mietrechts - Dschungel weitere Klarheit schaffende Entscheidung, ist zu begrüßen, bleibt aber unseres Erachtens dennoch auf halbem Wege stehen: Im Teilanwendungsbereich des MRG muss dem Gedanken des dispositiven Rechtes folgend, grundsätzlich jede Überwälzung von Betriebskosten (aber auch von Erhaltungskosten) auf den Mieter als sachlich gerechtfertigt angesehen werden. Dies als Ausgleich für die den Vermieter durch das MRG treffende Einschränkung seines Kündigungsrechts, die zum Zeitpunkt der Entstehung des Paragraph 1099 ABGB noch nicht gegeben war.