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Legal News
30. Oktober 2019

Wann ist ein Lagezuschlag zum Richtwertmietzins erlaubt?

Ausgangslage. Der OGH (5 Ob 242/18a) hatte sich erneut mit dem Lagezuschlag zum Richtwertmietzins zu befassen; im Spezifischen wann ein Lagezuschlag zum Richtwert gerechtfertigt ist und wie er sich berechnet.
Überdurchschnittliche Wohnumgebung als Voraussetzung. Ein Lagezuschlag zum Richtwert ist nur dann zulässig, wenn die Liegenschaft, auf der sich die Wohnung befindet, besser als die durchschnittliche Lage ist (§ 16 Abs 4 MRG). Zur Definition der durchschnittlichen Lage verweist das Mietrechtsgesetz auf das Richtwertgesetz (§ 2 Abs 3 RichtWG). Grundsätzlich ist demnach die Frage der durchschnittlichen Lage nach der allgemeinen Verkehrsauffassung sowie der Erfahrung des täglichen Lebens zu beurteilen.

Beurteilung der Wohnumgebung in Wien. Der OGH geht in der Entscheidung 5 Ob 242/18a davon aus, dass es bei der Beurteilung der Wohnumgebung in Wien nicht auf die Grenzziehung der politischen Gemeindebezirke ankommt, sondern jene Teile des Wiener Stadtgebietes ein Referenzgebiet bilden, welche einander der Verkehrsauffassung nach in ihren Bebauungsmerkmalen gleichen und somit ein einigermaßen gleiches Wohngebiet darstellen. Die der Entscheidung zugrunde liegende Wohnung in 1080 Wien wurde als Wohnung mit einer überdurchschnittlichen Lage qualifiziert. Begründet wurde dies mit einer sehr guten Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz (fußläufige Erreichbarkeit von einer U-Bahn-Linie und vier Straßenbahnlinien), einem entsprechenden kulturellen Angebot (zwei Palais sowie zwei Theater in unmittelbarer Nähe), einer guten Erreichbarkeit für den Individualverkehr, der Möglichkeit zum Parken (die Parksituation wird grundsätzlich als kritisch beschrieben, allerdings befindet sich in der Nähe ein Parkhaus), einem umfassenden Angebot an Geschäften für den täglichen Bedarf, Ärzten und Apotheken sowie Bildungseinrichtungen, einer vorhandenen Grünfläche (Gebäude schließt an eine Grünanlage an, sowie mehrere Parkanalgen können fußläufig erreicht werden) und keiner Lärmbeeinträchtigung trotz innerstädtischem Charakter. In einer anderen Entscheidung des OGH (5 Ob 188/18k) dagegen war kein Lagezuschlag zulässig, weil die nächste U-Bahnstation 1 km entfernt ist und es keine andere direkte Verkehrsanbindung zur Innenstadt gibt.

Wie hoch darf der Lagezuschlag sein? Im Falle des Vorliegens einer überdurchschnittlichen Lage spricht das MRG in § 16 Abs 3 von einem Zuschlag pro Quadratmeter der Nutzfläche und Monat bis zur Höhe von 0,33% der Differenz zwischen jenem Grundkostenanteil, welcher der Richtwertermittlung zugrunde liegt, und dem der Lage entsprechenden Grundkostenanteil. In Wien errechnet sich der im Richtwert enthaltene Grundkostenanteil derzeit auf 17,21%, welches EUR 299,97 pro m2 entspricht. Der Lagezuschlag ist daher wie folgt zu berechnen: Vorerst ist der tatsächliche Grundkostenanteil zu ermitteln, beträgt dieser zB. EUR 500,00, dann ist der dem der Richtwertermittlung zugrundeliegenden Grundkostenanteil in Höhe von EUR 299,97 pro m2 davon abzuziehen. Von diesem Ergebnis, der Differenz, können 0,33% als Lagezuschlag geltend gemacht werden. Ausgehend von diesem Berechnungsbeispiel würde sich ein Lagezuschlag von 0,66 pro m2 ergeben (EUR 500,00 – EUR 299,97 = EUR 200,03*0,33/100 = 0,66). In der Entscheidung 5 Ob 242/18a erachtete der OGH einen Lagezuschlag in Höhe von EUR 3,26 pro m2 als berechtigt.

Höchstbetrag gleich Fixbetrag? Der OGH (5 Ob 242/18a) beurteilt den Zuschlag pro Quadratmeter der Nutzfläche und Monat bis zur Höhe von 0,33% trotz der gesetzlichen Formulierung „bis zur Höhe von“ als eine jedenfalls zulässige Fixgröße. Argumentiert wird dies damit, dass sich die Formulierung „bis zur Höhe von“ nur auf die eventuelle geringere Vereinbarung zwischen Parteien des Mietvertrages bezieht. Kommt es zu einer Mietzinsüberprüfung durch das Gericht, so ist es ihm folglich nicht gestattet den Lagezuschlag iHv 0,33% zu unterschreiten (zB auf Grund der guten, nicht aber sehr guten Lage).

Fazit. Eine überdurchschnittliche Wohnumgebung ist Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Lagezuschlags zum Richtwertmietzinses ( §16 Abs 2 Z 3 MRG). Für die Beurteilung der (Über-) Durchschnittlichkeit der Wohnumgebung (Lage) ist in dem Bundesland Wien dem Referenzgebiet (dh Gebäude, die der Verkehrsauffassung nach in ihren Bebauungsmerkmalen gleichen und somit ein einigermaßen gleiches Wohngebiet darstellen) nach zu beurteilen. Die Höhe des Lagezuschlages bemisst sich auf bis zu 0,33% der Differenz zwischen dem der Richtwert zugrundeliegenden und dem der Lage entsprechenden Grundkostenniveau. Dieser Prozentsatz ist laut aktueller Rechtsprechung als Fixbetrag zu verstehen, das bedeutet, er darf nicht über- aber auch nicht unterschritten werden.