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Legal News
7. April 2025

Kurskorrektur? Neue Rechtsprechung zu Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen

Nachdem der Oberste Gerichtshof in den vergangenen Jahren Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen in Verbandsverfahren wiederholt als intransparent und konsumentenschutzwidrig einstufte, liegt nun eine wichtige Entscheidung in einem Individualprozess vor, die eine Kurskorrektur des Höchstgerichts in konkreten, von Mietern angestrengten Verfahren erahnen lässt.

In der am 03.04.2025 veröffentlichen Entscheidung qualifizierte der OGH die dort strittige Wertsicherungsklausel in ihren wesentlichen Teilen als zulässig und gültig (8 Ob 81/24f).

Die Wertsicherungsklausel bestand u.a. aus drei Komponenten: der Anpassung an den verlautbarten Verbraucherpreisindex 1976 (erst ab Jänner des Folgejahres), der Vereinbarung eines Ersatzindex sowie einer Regelung über eine jährliche Mindest-Steigerungsrate von 2 %.

Zulässigkeit der Teilbarkeit der Klausel: Der Oberste Gerichtshof entschied, dass unterschiedliche Komponenten einer Klausel sowohl inhaltlich als auch sprachlich getrennt wahrgenommen werden können, sofern – wie gegenständlich – ein materiell eigenständiger Regelungsbereich zu erkennen ist.

Dies hatte zur Folge, dass weder eine unklare Formulierung zum Ersatzindex noch eine (an sich unzulässige) Regelung über eine jährliche Steigerungsrate von mindestens 2 % zum Wegfall der gesamten Klausel führte. Die unbedenklichen Klauselbestandteile blieben damit im vorliegenden Fall ausdrücklich anwendbar.

Gegenständlich hielt die Wertsicherungsklausel auch der Prüfung nach § 6 Abs 2 Z 4 KSchG stand und verstieß nach Ansicht des OGH damit nicht gegen den Wortlaut der Bestimmung (Verbot der Entgeltanpassung innerhalb von zwei Monaten nach der Vertragsschließung), da die erste Wertanpassung aus dem Mietverhältnis konkret im Jänner des Folgejahres – somit mehr als zehn Monate nach Vertragsabschluss – vorgenommen wurde. So war die Klausel auch ohne ausdrücklichen Ausschluss einer Anpassung binnen der ersten beiden Monate ab Vertragsbeginn als unbedenklich anzusehen, weil eine Wertsicherung in diesem Zeitraum faktisch nicht möglich war.

Letztlich sah der Oberste Gerichtshof keinen Anlass, die überprüfte Klausel aufgrund der vor dem Mietbeginn liegenden Ausgangsbasis der Wertsicherung als ungewöhnlich iSd § 864a oder gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB zu qualifizieren.

Einziger Wermutstropfen:  Der OGH wendete – seiner Judikatur in den Klauselverfahren folgend – § 6 Abs 2 Z 4 KSchG in der Individualentscheidung weiterhin auf die Wertsicherungsklausel an, obwohl die Anwendung dieser Gesetzesbestimmung auf Dauerschuldverhältnisse mittlerweile – zutreffend – fast einhellig abgelehnt wird.

Im Spannungsfeld Klauselverfahren und Individualprozess bedeutet das: Auch wenn die Verwendung einer Wertsicherungsklausel in einem Verbandsverfahren (Klauselverfahren) untersagt wird, liegt nun eine höchstgerichtliche Entscheidung vor, nach der eine solche Klausel unter bestimmten Voraussetzungen trotzdem im Einzelfall wirksam sein kann. Damit wäre ein vom Mieter begehrter Rückforderungsanspruch ausgeschlossen.

Die Rechtsprechung zu Wertsicherungsvereinbarungen entwickelt sich laufend weiter; die vorliegende Entscheidung lässt aber auf eine weitergehende Trendwende hoffen.